Königin und König

Wie stehe ich heute??
Ich bin müde vom Kämpfen.
Meine Arme sind taub von der Last des Schwertes in meinen Händen.
Ein Teil davon ist schon gebrochen.
Ich kann Schweiß von Tränen, Dreck von Blut kaum noch unterscheiden.

Um mich herum Rauch, Feuer, verbrannte Erde, Krieger, Monster, Verletzte, Tote.. und die Schlacht ist noch immer im Gange.
Die Maschinerie schiebt sich unermüdlich hämmernd, kreischend und tosend voran.


Ich bin gut.

Ich bin rasend in meiner Wut und in meinem Schmerz.
„Komm her, du Ausgeburt! Ich mähe dich nieder, mach dich einen Kopf kürzer, mach dich auf, stech dich ab..!!!“
Aber es kommen immer mehr.

Ich bin verwundet.

Heiß fließt mein Blut.
Ist es mein Herz? Mein Arm? Mein Bein? Meine Stirn?


Wie lange wird meine Wut und Raserei halten können?
Wann wird mich meine Hilflosigkeit in den finalen Streich der Klinge meiner Schatten fallen lassen?


Mein Herz brennt. Wo ist mein Feuer? Gewichen dem modrigen Geschmack von Verbitterung??


Ich verliere meine Orientierung, sehe die Fronten nicht mehr, verliere mich.
Wo sind meine Feinde, wo meine Mitstreiter.. wo das Ende, wo der Anfang.. wo ist meine Führung??


Wo ist meine KÖNIGIN?

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MEINE KÖNIGIN

Ein Thema, mit dem ich mich die letzten Wochen intensiv beschäftigt habe.
[Und ja! Ich habe mir alle Teile „Herr der Ringe“ und „Der Hobbit“ angesehen 😉 ]

Wie man herauslesen kann: die Kriegerin kann ich wirklich gut! Ich stehe lange und stehe erstaunlich oft wieder auf.
Doch manchmal… Meistens kommt im Leben dann doch DIESE EINE Aufgabe, an der man scheitern zu scheinen droht.
Jeder hat da seine eigene Geschichte.

Nun, so einfach ist das Leben nicht: mit gezogenem Schwert brüllend in die Schlacht rennen, ein paar Orks abstechen. Abspann. AUS.
Und dennoch ist die Kriegerin wichtig, aber es braucht mehr.

Als ich meine Hausaufgabe „Etabliere deine Königin“ bekam, kam bei mir mal nichts außer dieses „Häähhh??!“
Dann tat‘s wieder weh.
„Hallohoo?! Ich habe keine Ahnung von ‚Königin‘! Ich kenne nur ‚Kriegerin‘… schon so lange und so intensiv..! HELP!!“

Gut. Also, Selbst-Analyse.
Was zeichnet eine ‚Königin‘/ einen ‚König‘ aus??

Versuche dich mal als ‚Königin‘ zu positionieren..!

Und da beginnt etwas Spannendes, was ich gut aus dem Yoga kenne und meinen Yoga TeilnehmerInnen schon so oft vorgekaut habe:

wenn die Erfahrung über den Körper geht!

Der Körper, dieser wunderbare! Welch Geschenk, welch Feininstrument, welche Weisheit!
Es ist nicht immer einfach seine Sprache und seine Signale zu verstehen. Zweifelsfrei ist er jedoch wirklich unser wichtigstes Instrument und Vehikel, Gefährt – ja, eben auch der wichtigste GEFÄHRTE unserer Seele!

Zurück zur Geschichte.
Meine Körperhaltung veränderte sich, und wie allgemein bekannt ist, gibt es zwischen Körperhaltung und (Wohl-)Befinden eine direkte Wechselwirkung.
Man denke nur an die Stress-lösende Hormonausschüttung durch bewusstes mindestens 30 Sekunden anhaltendes Lächeln.

Ich bemerkte, wie ich wuchs.
Damit war der Grundstein gelegt.
Es stellte sich ein weiteres Gefühl ein: ‚Ich behalte den Überblick‘ und ‚Ich kann da drüber stehen‘!
Es war nichts Anmaßendes oder Arrogantes, nichts Pompöses oder Gebieterisches dabei.

Nun gut!

Da kam ein Tag auf mich zu, vor dem ich mich am liebsten unter der Decke verkrochen und versteckt hätte.
Meine Kriegerin lässt das eigentlich nicht zu. Da zieht sie lieber ihre Wunden verdeckend und Narben überspielend durch die Dorfschenke, mal überschwänglich unterhaltend, oft auch sich allein in den letzten, dunklen Winkel derer zurückziehend, die sich lieber mit ihren Schatten an den Tisch setzen, als einem Publikum Glanz vorzutäuschen.

Also, auf in den Kampf.

Und da war sie plötzlich: die Königin.
„Versuch‘s doch mal mit mir…?!“
„Ich weiß zu wenig über dich, und ich habe keine Ahnung, ob‘s dich überhaupt gibt, in mir; ob du da irgendwo tatsächlich lebst.“
„Du hast mich doch schon einmal gefühlt. Gib uns eine Chance!“

Ja. Genau! Ich gehe jetzt 11Stunden als Königin kellnern…

Ich habe es versucht. Ich habe es getan!
Ich befürchtete, ich würde eine Lachnummer werden, und da habe ich sie.. – mich! – schwer unterschätzt!
Ich war ruhig, in meiner Mitte. Nichts konnte mich aus dem Konzept bringen, selbst als ich wiederholt im üblichen Stress unangebracht kritisiert und blöd angeredet wurde. Ich entgegnete unerwartet klar und direkt, sodass meine Entgegnung schlichtweg einfach nur akzeptiert wurde.
Und ich bekam viele Komplimente: „Sie sind heute irgendwie besonders schön!“

Auch wenn es darum nicht geht – das Experiment war gelungen!

An einem anderen Tag kam jemand auf mich zu und berichtete mir von Problemen mit seiner Chefetage.
Es sollte am folgenden Tag eine Konfrontation geben, wo mein Gesprächspartner wenig Chancen sah, dass seine Argumente und Anliegen wahrgenommen und akzeptiert würden.
Ich riet ihm, seinen König sprechen zu lassen:
Wie würde ein König in Verhandlungen gehen? Wie würde er seine Hoheit, sein Gebiet verteidigen? Wie würde er stehen, wie sprechen? Wie führt man Diplomatie auf Augenhöhe aus?

Der Input war wirkungsvoll.
Das Gespräch konstruktiv und zufriedenstellend und für meinen Gesprächspartner unerwartet respektvoll.

Es ist spannend, wie alles, was wir tun, wirkt. So ist das mit allem in unserem Universum. Alles ist in ständiger Kommunikation miteinander.
Unterschiedliche Energien erzeugen unterschiedliche Effekte und Antworten, und das ist alles nun wirklich nicht neu!

‚Die Königin‘, ‚die Kriegerin‘ sind Archetypen, die in unterschiedlich starken Ausprägungen in uns und durch uns wirken und somit wiederum Wellen schlägt und etwas im Außen anstupst.. und so weiter und so fort.

Dabei kann es eben auch ein Ungleichgewicht geben, sodass, wie in meinem Beispiel, sich die Kriegerin bis zum letzten verausgabt, da es keine Königin gibt, die das Ziel, den Beweggrund, die Ausrichtung, die Aufgabe… vorgibt und führt.

KRIEGERIN – KÖNIGIN – PRIESTERIN – MUTTER

Das sind die vier, mit denen ich aktuell den Reigen halte und lerne.
Meine Kriegerin braucht die Führung und orientiert sich an der Königin, die noch wächst, aber jedenfalls schon mal steht. Die Priesterin öffnet sich nach ‚oben‘, vertraut einer höheren Führung und ihrer Gabe und steht ebenfalls der Königin zu Diensten, wenngleich sie einem übergeordneten Gesetz untersteht.
Auch die Mutter muss führen können. Sie hält ihr Herz und ihre Arme offen und lässt bedingungslose Liebe fließen.
Die Königin hält mit allen Rat, tut, was getan werden muss, führt, dient ihrem Reich.
Sie überhöht sich nicht, noch macht sie sich klein, begegnet allem auf Augenhöhe.


Es lohnt sich da mal hinzuschauen und diese zu etablieren!
Ganz besonders für die Zeiten, in denen es wirklich ans Eingemachte geht, ist es von großem Vorteil, wenn man sich bereits einmal mit ihnen an den Tisch gesetzt hat und weiß, wer nun zum Zug kommt.

Und weil ich es wirklich gerne mag, ich einige der ‚Damen‘ da im Text wiederfinde, mich der Song und seine lyrics immer wieder aufbauen..

„… I wish someone would have told me that this darkness comes and goes
People will pretend but baby girl, nobody knows
And even I can’t teach you how to fly
But I can show you how to live like your life is on the line

… You throw your head back, and you spit in the wind
Let the walls crack, ‚cause it lets the light in
Let ‚em drag you through hell
They can’t tell you to change who you are
That’s all I know so far
And when the storm’s out, you run in the rain
Put your sword down, dive right into the pain
Stay unfiltered and loud, you’ll be proud of that skin full of scars
That’s all I know so far!“
„All I Know So Far“, Pink

Namastè!